Die Geschichte der jüdischen Gemeinde
vom Mittelalter bis zur NS-Zeit
Die erste jüdische Gemeinde
Die ersten Nördlinger Juden wurden im frühen 13. Jahrhundert erwähnt, jedoch kam es 1289 zu einem Pogrom wegen angeblicher Hostienschändung. Dabei wurden drei Familien und damit elf Personen getötet.
Die zweite jüdische Gemeinde
20 Jahre nach dem ersten Pogrom zogen wieder Juden nach Nördlingen, die vor allem Geschäfte mit Viehhandel und Zinsen machten. 1328 wurden ihnen sogar einige Privilegien zugestanden, wie eine eigene Gerichtsbarkeit und sie durften rituelle Schlachtungen durchführen.
Die Judensteuer wurde jedoch gegen hohes Entgelt an die Oettinger Grafen verpfändet, so standen die Juden nun auch unter dem Schutz der Grafen.
Als 1348 die Pest nach Nördlingen kam, werden die Juden dafür verantwortlich gemacht; angeblich sollen sie die Brunnen vergiftet haben. Zu ihrem Unglück blieben die Juden, vermutlich wegen ihrer hohen Hygiene-Vorschriften, auch vorerst von der Pest verschont. Diese Umstände führten zu einem weiteren Pogrom. Die wenigen Überlebenden fielen der Pest zum Opfer. Ihr ganzer Besitz ging an den Stadtrat. Die Grafen von Oettingen verklagten deswegen Nördlingen, da der Besitz der Juden, wegen der verpfändeten Judensteuer, von Rechtswegen ihnen gehörte. So wurde 1348 von Karl IV. entschieden, dass Haus und Hof an die Grafen gehen würde, jedoch von den Nördlinger Bürgern innerhalb von drei Jahren billig gekauft werden konnte. Auch die Schuldscheine und Pfänder von auswärtigen Schuldnern gehen an die Oettinger. Die Schulden der Nördlinger werden erlassen. Schlussendlich wurde die Stadt vom Pogrom freigesprochen.
Die dritte jüdische Gemeinde
Tatsächlich siedelten sich bereits 1348 wieder Juden in Nördlingen an. Die Judensteuer ging ab diesem Zeitpunkt direkt an die Stadt und ab 1377 teilten sich Kaiser und Stadt die Einnahmen. 1357 wird auch zum ersten Mal eine Synagoge in Nördlingen erwähnt.
Doch auch diese Gemeinde währte nicht lange, denn 1384 folgte der bisher schlimmste Pogrom, angeblich soll es 200 Tote gegeben haben. Heute wissen wir, dass diese Zahl übertrieben ist. Dieser neue Pogrom hatte jedoch ernsthafte Konsequenzen für die Stadt. So wurden die zwölf Anführer für „ewig“ aus der Stadt verbannt, der schwäbische Bund schloss Nördlingen aus dem Schutz- und Trutzbund aus und Nördlingen musste insgesamt 63.500 Gulden (60.000 an den schwäbischen Bund, 3.500 an den Kaiser) bezahlen, um frei gesprochen zu werden. 1385 versprach Kaiser Wenzel, Nördlingen aufgrund der „Judenschlacht“ vor Angreifern zu schützen.
1401 lebten wieder Juden in der Judengasse, jedoch waren sie nur „Bürger auf Zeit“, was bedeutete, dass alle 10 Jahre erneut entschieden wurde, ob sie bleiben durften. Dies änderte sich jedoch wieder, als 1507 Nördlingen mit 600 Gulden das Privileg kaufte, die Juden „auszuschaffen“.
Danach folgte eine lange Pause, in der nur vereinzelt Juden in Nördlingen lebten.
Die vierte jüdische Gemeinde
Eine neue Gemeinde begann sich erst zu bilden, als Eduard Höchstädter aus Mönchsdeggingen 1860 erlaubt wurde, in Nördlingen zu leben. Daraus entwickelte sich 1870 die neue Gemeinde, die sogar eine eigene Mikwe errichtete. 1885 wurde eine große Synagoge gebaut. Diese Gemeinde war die bisher wohl größte mit 489 Juden. Trotz dieser Blütezeit für Nördlinger Juden, nahm die Zahl der Ihren ab, da vor allem die Jugend immer mehr in die großen Städte zog. So kam es dazu, dass 1933 nur noch 186 Juden in Nördlingen lebten.
In diesem Jahr kam es zu einer der dunkelsten Zeiten in der Geschichte der Juden, dem Dritten Reich. Auch die Nördlinger Juden litten unter der gewaltsamen Diktatur von Adolf Hitler. Viele sahen sich gezwungen auszuwandern, andere wurden getötet. 1942 wurden schließlich die letzten Juden aus Nördlingen deportiert.
Quellen:
-Bernd Eichmann, Leben und Sterben der fünf Nördlinger Judengemeinden. In Dieter Golombeck und Carl Völkl, Die Stadt. 1100 Jahre Nördlingen, Geschichte und Geschichten, Nördlingen 1997, S. 106-117
-Dietmar-H. Voges, Die Reichsstadt Nördlingen, 12 Kapitel aus ihrer Geschichte, Nördlingen 1988, S. 154-174